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04.09.2020 PARTNER PFERD

Schon gewusst?... Die funktionelle Anatomie des Pferderückens

Schon gewusst? Die Wirbelsäule des Pferdes besteht aus 54 Knochen, die dazu beitragen, das Gewicht des Reiters zu tragen. Um die funktionelle Anatomie des Pferderückens geht es in dieser Ausgabe unserer „Schon gewusst“-Reihe.

Der Pferderücken – Formkontur der Oberlinie des Pferdes, Grundlage für die Verbindung zum Reiter und zentrales Stützgerüst des Pferdekörpers. 54 Knochen bilden die Wirbelsäule, davon sieben Halswirbel, achtzehn Brustwirbel, sechs Lendenwirbel, fünf Kreuzwirbel und 15 bis 20 Schwanzwirbel – allesamt mit ähnlichem Aufbau aus einem Wirbelkörper, einem Wirbelbogen, einem nach oben gerichteten Dornfortsatz und zwei zur Seite gerichteten Querfortsätzen, sowie weiteren kleinen Fortsätzen. Die längsten Dornfortsätze findet man an der Brustwirbelsäule, sie bilden die knöcherne Grundlage des Widerristes. Je nach Pferdetyp ist dieser unterschiedlich stark ausgeprägt, bei Araberpferden zum Beispiel prominenter.

Gelenke sorgen für Beweglichkeit

Zwischen den Wirbeln liegen Gelenke: unechte Gelenke ohne Spalt zwischen den Wirbelkörpern – hier befindet sich die Bandscheibe, ein knorpeliges Gebilde aus einem weicheren Kern und einem härteren faserknorpeligen Ring. Durch ihre Beschaffenheit können die Bandscheiben sowohl auf Druck-, als auch auf Zugbelastungen entsprechend reagieren. Zwischen kleineren Fortsätzen am Wirbel liegen die Facettengelenke, echte Gelenke mit Spalt, die die enorme Beweglichkeit der Wirbelsäule garantieren. So sind – ähnlich wie in einem Koordinatensystem – Bewegungen um drei Achsen möglich: Beugung und Streckung, Seitwärtsbiegung und zumindest am Kopf auch Drehung um die Längsachse.

Alles hängt miteinander zusammen: Bänder und Muskeln

Bänder

Entlang der Wirbelsäule laufen verschiedene lange Wirbelsäulenbänder, die sich über die Dornfortsätze und unten an den Wirbelkörpern entlang ziehen. Daneben gibt es kurze Wirbelsäulenbänder, zum Beispiel direkt zwischen den Dornfortsätzen. Verbindung zum langen Rückenband hat auch das Nackenband. Dieses besteht aus einem elastischen Faserstrang vom Hinterhauptsbein bis zum Widerrist und einer Faserplatte, die diesen Strang mit den Halswirbeln verknüpft. Bei Biegung des Halses baut das Nackenband einen Spannungszustand auf, der sich über den ganzen Rücken zieht und den Lendenbereich beim Reiten unterstützt.

Durch die engen funktionalen Beziehungen zwischen den einzelnen Strukturen ist es auch möglich, dass ein verspanntes Kiefergelenk zu Verspannungen im Rücken und letztlich zur Lahmheit des Pferdes führt.

Muskulatur

Die Muskulatur im Rückenbereich besteht aus vier Schichten, die jeweils noch von weit gespannten Faszien unterstützt werden. Die äußere Schicht bildet der Rumpfhautmuskel, eine dünne Muskelplatte, die stark verschiebbar und beweglich ist. Darunter liegen die oberflächlichen Rückenmuskeln wie M. trapezius und M. latissimus. Die mittlere Muskelschicht mit den Muskeln M. spinalis, M. longissimus dorsi und M. iliocostalis ist der Hauptlastenträger unter dem Sattel. Der Musculus longissimus zieht sich vom Lendenbereich über den kompletten Rücken bis an den Hals. Darunter liegt noch die tiefe Muskelschicht aus Mm. multifidi und Mm. spinales et semispinales – kürzere Muskeln, die die Wirbel über kleinere Strecken miteinander verbinden und vor allem Stabilität geben, aber auch die Feineinwirkung unserer Gewichtshilfe registrieren.

Der M. serratus ventralis, ein gezackter Muskel an der seitlichen Rumpfwand, verbindet die Schulter mit dem Rumpf. Während der Bewegung des Pferdes rotiert das Schulterblatt enorm. Der sehr große Knochen wird noch durch einen halbmondförmigen Schulterblattknorpel in Richtung Widerrist erweitert. Aus diesem Grund muss auch unbedingt darauf geachtet werden , dass der Sattel dem Schulterblatt genügend Bewegungsfreiheit lässt.

Die Bogensehnenbrückenkonstruktion

Der Rücken des Pferdes ist vergleichbar mit einer weit verbreiteten Brückenkonstruktionsart: Der Bogenbrücke. Bei einer Bogenbrücke lastet das Gewicht nicht auf den Brückenpfeilern, sondern wird viel mehr von der gebogenen Oberlinie gehalten. Auch die Rückenmuskulatur wirkt zusammen mit der Wirbelsäule als Brückenbogen, die Brust- und Bauchmuskulatur und das Brustbein fungieren sozusagen als Fahrbahn, die von den Rückenmuskeln gehalten wird.

Ein anderer Vergleich: Bogen und Sehne – die Rückenstrukturen als Bogen, die Bauchseite als Sehne. Um sich das Ganze besser vorzustellen: Strecken Sie doch einmal Ihren Arm gerade aus und führen Sie ihn nach oben (für das Pferd vorn) und unten (für das Pferd hinten) und achten Sie auf die Bewegung, die Ihr Rücken dabei macht. Bei der Bewegung nach oben / vorne ist die Beugung des Rückens einfacher.

Den Rücken entlasten

Die beschriebenen Muskeln liegen immer auf beiden Seiten des Pferdes. Umso wichtiger ist es auch, beide Seiten zum Aufwölben anzuregen, damit das Pferd gleichmäßig durch und über den Rücken geht. Ein Aufwölben des Rückens unterstützt das Pferd auch dabei, seine Hintergliedmaßen mehr unter den Schwerpunkt zu führen.

Hinzu kommen noch weitere Strukturen, die die Rückentätigkeit beeinflussen. Der im Lendenwirbelbereich liegende M. iliopsoas unterstützt durch Anspannung die Lendenwirbelsäule, macht sie aber auch steifer. Dieser Muskel braucht Aufwärmzeit, um sich zu lösen und eine Beweglichkeit des Rückens zuzulassen. Eine gute Übung zur Lösung dieses Muskels ist das Leichttraben.

Grundsätzlich unterliegt der Rücken den Einflüssen durch Sattel und Reiter, zwei Faktoren, die regelmäßig geprüft und an den Trainings- und Gesundheitszustand angepasst werden sollten.

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